Wie eine Perlenkette...

Wie an einer Perlenkette reihten sich damals die Korbmacherdörfer entlang der Rur und Wurm aneinander. Doch dies ist nun leider Vergangenheit.

Handel 2Unser altes traditionsreiches Handwerk, von dem aus der Vorzeit Abdrücke, aus der biblischen und römischen Zeit Schriften und Reliefs gefunden wurden, wird in unserer Gegend erstmal im Jahre 1530 bei der Gründung einer Wannmacher-Bruderschaft in Hückelhoven urkundlich erwähnt.

Aus gleicher Zeit stammen schriftliche Zeugnisse von planvoll angelegten Weidenkulturen zwischen Rur und Wurm. Durch den enormen Verbrauch von Weiden in der Zeit der Industrialisierung (Körbe, Packmange, Ballonkörbe für die Schwer-, Kleineisen- und chemische Industrie) setzte ab der 2. Hälfte des 19. Jhdts. auch die wissenschaftliche Weidenforschung (Krahe) mit systematisch angelegten Weidenzuchtkulturen ein.

Handel 4 In der gesamten Region arbeiteten um 1950 ca. 1500 Korbmacher, davon allein in Hilfarth ca. 200 Korbmacher in ihren Kleinwerkstätten für 4 Hilfarther Großhändler und für eine Verkaufsgenossenschaft. Die Körbe waren vielfältiger Art und abhängig von bestimmten Epochen. Zu allen Zeiten aber waren es auch Gebrauchskörbe für den Haushalt und für die Landwirtschaft. Besonders bis zur Mitte des 19. Jhdts. benötigte der Bauer den "Wann" - eine Hohlmuschel aus Weiden - zur Reinigung des Getreides. In der Industrialisierung waren es dann - wie schon gesagt - die sogenannten "Packmange" aus ungeschälten Weiden, die in Massen hergestellt wurden.

Schließlich kam es in Heinsberg 1876 sogar zur Gründung der

"Lehranstalt für Korbflechterei"

die große Ausstrahlung bezüglich neuer Produkte und Wiederentdeckung der alten Techniken auf die gesamte Flechterei hatte.

Hinzu kam, dass 1852 die

"Bergisch-Märksche-Eisenbahnlinie"

(Düsseldorf - Aachen) gegründet worden war, die nun die Entwicklung des Großhandels möglich machte. Die meisten Großhandelsbetriebe entstanden bis 1910.

Im "Goldenen Zeitalter" des Korbmacherhandwerkes um die Jhdt.-Wende vom 19. zum 20. Jhdt. kam es dann zu stärkeren Differenzierung innerhalb der Region. Einige Orte blieben bei der groben Grauarbeit (ungeschälte Weiden) "Packmange", Kartoffelkörbe u.a.m., andere Orte fertigen Ballonkörbe, Beggendorf jedoch Feinarbeit aus gespaltenen Weiden.

In Hilfarth aber wurden vorwiegend Weißkorbwaren aller Art (geschälte Weiden), die sogenannte "Geschlagene Arbeit", als Qualitätsarbeit hergestellt. Die Bedeutung Hilfarths für die Korbflechterei drückt sich auch noch darin aus, dass der Ort eine "eigene Berufsschule" für die Korbmacherlehrlinge erhielt, indem die alte ev. Volksschule 1954 zur Bezirksfachklasse für den Regierungsbezirk Aachen erklärt wurde. - Also "Duales System" schon damals: praktische Ausbildung beim Lehrmeister, theoretischer und praktischer Gestellbau-Unterricht in der Berufsschule. 1958 legten noch 10 Lehrlinge die Gesellenprüfung und 8 Gesellen die Meisterprüfung ab.

Doch dann kam das Ende.

Billige Importe aus den Oststaaten - darunter auch mindere Ware - Weidenkrankheiten und schließlich der Plastikkorb gaben unserem Handwerk zwischen 1957 und 1961 den Todesstoß. Und die größte Innung Deutschlands löste sich auf. Auch die Mehrzahl der Großhändler im Rur-Wurm Gebiet stellten bis auf zwei den Betrieb ein.

Die alten Handwerker gingen in den Ruhestand und machten hin und wieder noch ihr Körbchen. Ein paar wenige blieben beim Handwerk. Die jungen Meister und Gesellen aber erlernten fast alle noch einen Zweitberuf oder besuchten wieder die Schule.

Innenhof 6Heute sind es also nur noch einzelne Korbmacher im Rentenalter in Hilfarth und den anderen Ortschaften des Rur-Wurm-Gebietes, die das traditionsreiche Handwerk ausüben, so dass über kurz oder lang das Wissen um die Flechtkunst mit seinen zahlreichen Techniken, Formen und Fertigkeiten, den dazugehörenden Flechtmaterialien, Werkzeugen und Geräten unwiederbringlich verloren zu gehen scheint.

Aus diesem Grunde gründeten am 12.01.1999 ehemalige und noch aktive Korbmacher den Historischen Verein der Rurtalkorbmacher e.V.